Bericht zur BDK in Bonn – 14./16. Oktober 2022


„Wenn unsere Welt in Frage steht: Antworten.“

lautete das Motto der diesjährigen Bundesdelegiertenkonferenz, und es wurden von uns nach intensiven, auch sehr kontroversen Diskussionen viele, viele Bündnisgrüne Antworten gegeben.

Lasst euch nicht von den Presse- und TV-Kommentaren irritieren, die häufig den Tenor hatten, die Bündnisgrünen seien eine zahme, glattgebügelte Allerweltspartei geworden und folgten willig den Vorgaben des Vorstands. Erst am Sonntagmittag im Zusammenhang mit der Verabredung mit RWE zum Kohleausstieg, der mit dem Abbaggern von Lützerath verknüpft ist, trat das ein, worauf viele Medienvertreter*innen gehofft hatten: Schlagabtausch, Wortgefechte, Krach, Streit, Kampfabstimmung etc.

Dabei gab es zu den Hauptdiskussionsthemen

• In Zeiten fossiler Inflation: sozialen Zusammenhalt sichern, Wirtschaft stärken
• Sichere Energieversorgung für den Winter
• Wertegeleitet, multilateral, handlungsfähig: grüne Friedens- und Sicherheitspolitik
• Klimakrise als Menschheitsaufgabe: für Klimaschutz, für Freiheit

vier Beschlussvorlagen des Bundesvorstands, an denen Mitglieder viel in Form von zusätzlichen Anträgen sowie Änderungsanträgen zu „meckern“/ergänzen hatten und über die Antragskommission und Antragsteller*innen in langwierigen Verhandlungsrunden, selbst bis kurz vor den Abstimmungen, gerungen haben. Das ist die innerparteiliche Auseinandersetzung – sie macht eine solche dreitägige BDK praktikabel. Zusätzlich gab es noch etliche Anträge, die die Antragskommission, weil sie nicht integrierbar waren oder die Antragsteller nicht klein beigeben wollten, zur Abstimmung im Plenum stellten. So waren der Freitag von 16 bis 22.30 Uhr, der Samstag von 10 bis 22 Uhr und der Sonntag von 9.30 bis 15.30 Uhr gut mit Geschäftsordnungsanträgen, Antragseinbringungen, politischen Statements, Grußworten, Pro- und Contra-Beiträgen und Abstimmungen gefüllt.

Wir hatten euch ja im Vorfeld um ein Meinungsbild zu den Streitpunkten gebeten, die dann tatsächlich auch heiß umkämpft waren: Atom- und Energiepolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, Klimapolitik. Schon außerhalb der Halle mussten wir uns mit Demonstrierenden auseinandersetzen, die täglich mit bunten und lauten Aktionen versuchten, die Delegierten zum Umstimmen zu bewegen. In der Halle blieb es zum Glück hart in der Argumentation, aber respektvoll im Umgang miteinander.

Dies zeigte sich unter anderem zum Antrag des Parteirates, dieses Gremium zukünftig mit mehr „Entscheidungsträgern“ zu besetzen. Da bei Satzungsänderungen eine Zweidrittel-Mehrheit von Nöten ist und diese knapp nicht erreicht wurde, bleibt dieses Gremium vorerst auch offen für Bewerbungen vieler Basismitglieder.

Besonders intensiv wurde es im Zusammenhang mit dem rheinischen Braunkohletagebau; ca. 100 Redebeiträge wurden angemeldet, es wurde per Geschäftsordnungsantrag eine Verkürzung der Redezeiten gefordert, um mehr Redner*innen zu Wort kommen zu lassen – das Plenum entschied sich mehrheitlich dagegen. So hatten wir leider auch mit unserem vorbereiteten Redebeitrag kein Glück. Weil das offene Abstimmungsergebnis so knapp ausfiel, entschloss sich das Präsidium zu einer schriftlichen Abstimmung (digitales Abstimmungsgrün funktionierte zu dem Zeitpunkt nicht), die sehr eng (ca. 420 zu 380) zugunsten der Verabredung mit RWE endete. Kanzler Scholz hat den Beschluss am darauffolgenden Tag in seinem Machtwort übernommen.

In der Anlage fügen wir euch die vollständige Übersicht aller Beschlüsse der BDK bei, ihr findet diese auch hier: https://antraege.gruene.de/

Wenn ihr die einzelnen Beschlussvorlagen im Antragsgrün aufruft, könnt ihr die Einfügungen aus Änderungsanträgen nachvollziehen.

Wir empfehlen euch, euch im Grünen YouTube-Kanal die folgenden Redebeiträge/Grußworte anzusehen – es lohnt sich:

• politisches Statement unserer Bundessprecherin Ricarda Lang
• Grußwort der Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa
• Grußwort der Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk
• Grußwort der iranischen Schauspielerin Pegah Ferydoni
• Grußwort der ghanaischen Klimaaktivistin Elizabeth Wathuti
• Grußwort der FFF-Aktivistin Luisa Neubauer
Erinnerung an Christian Ströbele von Jürgen Trittin
• Rede von Heiko Knopf, stellvertr. Bundesvorsitzender (Vertreter der östlichen Verbände im BuVo)

Wenn ihr schon dabei seid, lohnen sich natürlich auch die Redebeiträge von Annalena, Robert, Omid und vielen anderen – ehrlich!

Wir sind uns einig, dass wir streitlustige Parteitagsdelegierte eine perfekt organisierte BDK erlebt haben, die uns forderte, die aber auch Spaß bereitete. Genossen haben wir die Gespräche mit Promis während des Treffens mit den Ostdelegierten – in unsere Versammlung kamen Ricarda und Omid, Steffi Lemke und Lisa Paus, Katrin Göring-Eckardt und Michael Kellner. Hinter den FFP2-Masken im Gesicht herrschte gespannte Aufmerksamkeit und war dennoch auch manches Lachen zu sehen. Vor allem am Samstagabend auf der Party, zu der auch Omid für eine halbe Stunde als DJ am Pult stand, kam, dann ohne Maske, eine richtig gute Stimmung auf.

Positiv ist noch zu vermelden, dass Katja Meier in die Antragskommission gewählt worden ist.

Mit bündnisgrünen Grüßen
Anne und Dieter (BDK-Delegierte)