Pressemitteilung des Pirnaer Stadtverbandes von Bündnis 90/Die Grünen

Pirna hat gewählt. 38,54% der Wählerinnen und Wähler haben sich für den Kandidaten der rechtsextremen AfD, Tim Lochner, entschieden. Der Kandidat der Freien Wähler, Ralf Thiele, konnte sein Wahlergebnis um 6,9% auf 30,08 % steigern. Kathrin Dollinger-Knuth, die das Wahlbündnis aus CDU, SPD, Grünen, Linken und dem Einzelkandidaten A. Liebscher anführte, konnte sich um 11% auf 31,39% steigern. Das gemeinsame Ziel, einen Rechtsextremen an der Spitze der Stadtverwaltung zu verhindern und die dringenden Zukunftsfragen der Stadt konstruktiv anzugehen, wurde verfehlt.

Das ist enttäuschend. Bitter ist, dass immer noch fast 50 % der Wählerinnen und Wähler von ihrem demokratischen Recht, Einfluss zu nehmen, nicht Gebrauch gemacht haben. Als Demokrat*innen respektieren wir selbstverständlich das Ergebnis des 2. Wahlgangs.

Einschätzungen einen Tag danach

1. Zu unserer Entscheidung, die Kandidatin der CDU, Kathrin Dollinger-Knuth zu unterstützen, gab es keine Alternative. Wer daran noch Zweifel hatte, musste sich nur die Entgleisungen auf der Homepage der FW in den letzten Tagen vor der Wahl anschauen.

2. Wir haben zunächst einen Wahlkampf mit unserem gemeinsamen Kandidaten Ralf Wätzig von der SPD geführt und später Frau Dollinger-Knuth unterstützt. Beide haben einen äußerst engagierten Wahlkampf mit hohem persönlichem Einsatz geführt. Beiden zollen wir unseren Respekt und Dank. Beide haben viel Erfahrung in der Kommunalpolitik, großen Sachverstand und sind demokratischen Werten verpflichtet. Beide sind höchst integre Persönlichkeiten. Wir haben die Gemeinsamkeiten mit beiden Kandidat*innen betont, ohne die Unterschiede zu verschweigen. Das sollte die Basis unserer Arbeit in der Zukunft sein.

3. Die vielfältigen Aufrufe, wählen zu gehen, haben die Wahlbeteiligung zwar geringfügig steigern können, haben aber nur zum Teil auf das demokratische Lager eingezahlt.

4. Nach den Worten von T. Lochner hat die AfD einen “sehr leisen, ruhigen Wahlkampf veranstaltet“. Es ist uns nicht gelungen, diesen „leisen“ Wahlkampf, in dem der Kandidat die Maske des Biedermannes getragen hat, zu durchbrechen und laut zu werden. Es ist uns nicht gelungen, die Vereinnahmung des Kandidaten durch die rechtsextremen Scharfmacher der Partei zu erklären sowie sein Vorhaben Pirna für die Neue Chinesische Seidenstraße zu öffnen. Sein autoritäres Weltbild wird deutlich an der Ankündigung die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung auf „Loyalität“ hin zu überprüfen. Damit kann nicht die Loyalität gegenüber der Verfassung gemeint sein, denn er hat „mit Staat und Regierung … längst abgeschlossen“. (SZ -Forum 15.11.2023)

5. Wir haben in diesem Wahlkampf viele demokratisch gesinnte Menschen, Männer und Frauen kennengelernt. Wir werden in künftigen Auseinandersetzungen Frauen unterschiedlicher politischer Überzeugung an unserer Seite haben, die der Stadt unbedingt ein weiblicheres Gesicht geben wollen. Mit der breitbeinigen Selbstzufriedenheit, die keinen Selbstzweifel kennt und zu keiner Reflexion des eigenen Tuns fähig ist, muss Schluss sein.

6. Wir werden die weitere Entwicklung in der Stadt kritisch begleiten und uns einmischen. Mit den Bündnissen aus der Zeit des Wahlkampfes haben wir gute Erfahrungen gemacht, einige sind sehr belastbar und können ausgebaut werden. Diese guten Erfahrungen werden uns weitertragen.

7. Als Stadtverband sehen wir nach vorn. Wir werden uns für den Erhalt des aktiven Klimamanagements einsetzen, eine Fortführung des Bürgerrates, den Erhalt einer lebendigen Erinnerungskultur unserer Stadt.

Dr. Bärbel Falke
im Namen des Stadtverbandes von Bündnis 90/Die Grünen Pirna